Daten
Hauptstadt
Fläche
Einwohner
Bevölkerungsdichte
BIP pro Einwohner
HDI
Währung
Unabhängigkeit
Lebenserwartung
Alphabetisierungsrate
HIV/AIDS (19-49 Jahre)
Warschau
312.685 km² (76.)
38.482.919 (35.)
127 pro km²
14.400 US-Dollar (72.)
0,870 (37.)
Zloty
11.11.1918
74 Jahre
99 %
0,1 %
<< zurück
Home
Reiseberichte
Spenden
Weisheiten
Bücher
Unterstützung
Links
Bilder
Infos
Polen
Veloabenteuer
Kaum in Polen, schon gestohlen- Geschichten vom Einkaufswagen und andere
Auch in Polen begleitet uns ein bombastischer Sommer mit Temperaturen um die 30 Grad. Wir schwitzen mächtig und haben Glück, dass wir an vielen Seen vorbeikommen. Was für eine willkommene Erfrischung, einfach mal ins Wasser zu springen, abzukühlen und uns regelmässig zu waschen.
Wir sind auf dem Weg nach Gdansk (ehemals Danzig) und radeln die kleineren, weniger befahrenen Landstrassen. Neben den schönen Seen gibt es viel Landwirtschaft, Wälder, Moore und rote Backsteinhäuser. Die Störche nisten auf den Dächern und Strommästen und waten auf Futtersuche durch die Wiesen, um die hungrigen Schnäbel der Jungstörche zu füllen, die zu dritt oder viert in den grossen Nestern hocken. Die Natur ist herrlich, die langgestreckten Lindenalleen spenden Schatten und der zweitklassige Teer, der als Flickmaterial der vielen Schlaglöcher eigesetzt wird, schmilzt in der Hitze. Wenn wir mal kurz unachtsam sind und durch solche Teerkuhlen sausen, spritzt der Teer an den Rahmen und bleibt am Reifen kleben.

Als wir vor etwa drei Monaten unsere Drahtesel durch die Altstadt Prags schoben, sprach uns eine Gruppe junger Frauen an. Kasia ist eine von ihnen. Sie wohnt in Gdansk, lädt uns prompt ein und gibt uns ihre Telefonnummer. Wir melden uns jetzt bei ihr und haben Glück. Sie ist zu Hause und nimmt uns herzlich in Empfang. Wir finden es klasse, hin und wieder bei Einheimischen zu wohnen, weil wir so viel über Land, Leute und ihre Gewohnheiten erfahren. Gleichzeitig werden einem die Eigenarten der eigenen Kultur bewusst. Kasia ist beruflich auch in Deutschland unterwegs und hat hier einige Freundinnen.
Kasia: "Wenn wir als Fussgänger in Polen vor einer roten Ampel warten und es kommt kein Auto, dann gehen wir einfach über die Strasse.
          In Deutschland ist es anders. Bei Rot wird gewartet, bei Grün gegangen."
Lachend ergänzt sie: "Wir Polen sagen: wir haben Gesetze für den Strassenverkehr, in Deutschland habt ihr Gesetze für die Menschen."

In einigen Wochen zieht sie in ihre neue Wohnung ein. Nur Bad und Küche sind noch nicht fertig.
Kasia: "Es ist nicht einfach, in Polen gute Handwerker zu finden. Eine reguläre Firma kann man nicht bezahlen, sie ist zu teuer. Die guten
           Handwerker sind in Deutschland und der Rest säuft einfach zuviel und macht schier die Arbeit nicht."


Gdansk ist nicht nur bekannt für den Bernsteinhandel, sondern auch für die Prachtstrasse "Royal Street" mit seinen hübschen Häuserfassaden, wo zu seiner Zeit schon der König entlangkutschierte.
Ich sitze auf einer Bank, die Räder sind neben mir geparkt und ich geniesse die Atmosphäre. Ein älterer Herr gesellt sich zu mir und eröffnet das Gespräch auf polnisch. Ich muss passen und er schwenkt auf deutsch um. Die Familie väterlicherseits kommt doch aus Duisburg. Wir erleben die Polen als aufgeschlossenes, hilfsbereites Volk und nicht selten kommt es vor, dass gerade ältere Leute noch deutsch sprechen.

In Gdansk besuchen wir die Westerplatte. Ein etwas deprimierender Ausflug, denn hier wurde der 2. Weltkrieg begonnen...

Klischee hin oder her, etwas Amüsantes ereignet sich beim Einkauf im Supermarkt. Alexander macht shopping, ich bleibe draussen bei den Rädern und beobachte das Treiben auf dem Parkplatz. Ein Herr fragt mich auf deutsch, ob er 2 Euro für Bier bekommt. Ich finde es noch sympatisch, dass er so direkt und ehrlich ist, doch verneine.
Also geht er seiner cleveren Geschäftsidee nach, die Leute, die ihren Einkauf gerade ins Auto verladen, um den Einkaufswagen anzupumpen. Diesen schiebt er dann zum Supermarkt zurück und kassiert dann das Pfandgeld, das im Wagen steckt. Bei jedem Geldstück sehe ich die Freude in seinem Gesicht und glücklich bekommt der Groschen von ihm einen Kuss, bevor er in der Hosentasche landet.
Am Rande beobachte ich, wie ein anderer Herr schon zum vierten Mal mit einem Einkaufswagen aus dem Supermarkt kommt, ihn einreiht und das Pfandgeld einsteckt. Denke mir aber nichts dabei.

Dann kommt Alexander vom Einkauf zurück. Er schmunzelt: "Was fällt dir auf?". Ja was soll mir auffallen? Nichts!

Alexander: "Ich ging mit einem Einkaufswagen rein und komme ohne raus!" Ich verstehe nicht ganz.
Alexander: "Ich suche nur kurz im Nachbargang einen Artikel und als ich zurückkomme, ist er verschwunden!"
Da fällt der Groschen und wir können nur lachend den Kopf schütteln. Naja, solange es beim Einkaufswagen bleibt!

Wir sind auf dem Weg zur Wolfsschanze in den Masuren. Ein Gewitter erlöst uns von der schwülen Hitze und wir finden in einem Bushaltehäuschen Zuflucht vor dem Platzregen. Ein Auto fährt vor, die Frau hält den Reiseführer "Polen" ans Fenster und scheint eine Frage zu haben. In meiner hilfsbereiten Art stehe ich instinktiv auf, realisiere dann den Regenschauer und lasse mich lachend wieder zurückfallen: "Nee, bei dem Regen komme ich hier nicht raus!"
Die Dame möchte genausowenig eine nasse Schwarte bekommen und kurbelt das Fenster ein klein wenig herunter. Sie kommen aus Österreich und suchen die Wolfsschanze. Durch den tosenden Regen brüllen wir ihnen so gut es geht den Weg zu...und alle bleiben trocken.

Die Wolfsschanze war Hitlers Hauptquartier im Russland-Feldzug. Die Strasse führt einige Kilometer in den Wald hinein. Am Ticketschalter spricht uns ein älterer polnischer Herr auf deutsch an: "Brauchen sie einen deutschsprachigen Führer?" Wir sind irritiert. Nee, die Zeiten sind doch zum Glück vorbei!
Die Bunker liegen hier gut versteckt im dichten Gebüsch und sind durchnummeriert. Der Bunker von Hitler trägt die Nummer 13.
Ist das Zufall? Wählte Hitler die Nummer selber aus? Oder ist es der schwarze Humor der Polen, die die Nummer nachträglich anbrachten? Es bleibt uns ein Rätsel.
Wir gehen an einer vierköpfigen Familie vorbei und schnappen einen kurzen Wortwechsel auf.
Mutter: "Soviel weiss ich noch, der Bunker von Göring hatte die Nummer 16."
6-Jähriger Sohn: "Hää, Göring?"
Mutter: "Ja, das war auch einer von den Bösen!"

Draussen steht noch ein Militärfahrzeug bereit, Touristen kleiden sich in Tarnklamotten, kurzes Fotoshooting, und ab geht die Fahrt in den Wald hinein. Über Geschmack(losigkeit) lässt sich auch in diesem Fall streiten.

Das Landschaftsbild der Masuren erinnert uns an die Holsteinische Schweiz. Es geht leicht kopiert bergauf und bergab, vorbei an vielen Seen, ein Paradies für Segler und Kanuten. Landwirtschaft und Wälder mit Füchsen, Störchen und Greifvögeln runden das idyllische Bild ab. In den Wäldern zu campen versuchen wir möglichst zu vermeiden, weil die Mückenaktivität hier am intensivsten ist. Die Biester fressen uns dort schier auf!
Doch auch heute Abend finden wir wieder ein hübsches Plätzchen direkt am See und können den nächsten Tag mit einem Sprung ins erfrischende Wasser beginnen. Denn spätestens um 7:00 Uhr morgens knallt die Sonne schon mächtig herunter und dann fliehen wir vor der Hitze aus unserem Sauna-Zelt und suchen eine Abkühlung.

Zu guter Letzt möchten wir noch eine männliche Angewohnheit erwähnen. Der Kavaliersstart ist weit verbreitet, wird vom Ford Fiesta bis Mercedes Fahrer knallhart durchgezogen und selbst die Polizei macht nicht davor halt, mit quietschenden Reifen anzufahren. Irgendwie scheint das hier normal zu sein.
Wissenswertes
Die Halbinsel Westerplatte liegt vor den Toren von Gdansk (Danzig). Im 19. Jahrhundert war das Gebiet ein Ostseekurort. Im März 1924 wurde es der polnischen Regierung vom Völkerbund (Vorgänger der UN) gestattet, dort Kriegsgerät und Sprengstoffe zu lagern.
Historisch bekannt wurde Westerplatte aus einem anderen Grund. Am 01. September 1939 um 04:45 Uhr griffen deutsche Truppen das polnische Munitionslager an und starteten damit den 2. Weltkrieg.
>>
>>> Impressionen von Polen <<<
Bildergalerie
Die Marienburg (polnisch: Malbork) liegt 60 km südöstlich von Gdansk und ist der grösste Backsteinbau Europas. Von 1270-1300 wurde sie am Ufer der Nogat, einem Mündungsarm der Weichsel, erbaut. Im 2.Weltkrieg wurde die Marienburg zu 60% zerstört und später von Polen wiederaufgebaut. Sie gehört dem UNSCO-Weltkulturerbe seit Dezember 1997 an.
Die Wolfsschanze enstand im Jahr 1940 als oberirdische Bunkeranlage in einem dichten Waldstück nahe dem heutigen Ort Ketrzyn. Bis 1944 wurden ca. 100 Objekte gebaut. Seit dem Feldzug gegen die Sowjetunion im Jahr 1941 war die Wolfsschanze Hauptaufenthaltsort von Adolf Hitler. Bekannt wurde der Ort allerdings durch das gescheiterte Hitlerattentat von Claus Graf Schenk von Stauffenberg am 20. Juli 1944. Am 20. November 1944 verliess Adolf Hitler die Wolfsschanze vor den nahenden Sowjettruppen. Die gesamte Anlage wurde kurze Zeit später, mit ca. 12 Tonnen Sprengstoff, von der Wehrmacht zerstört.
>>
>>