Daten
Hauptstadt
Fläche
Einwohner
Bevölkerungsdichte
BIP pro Einwohner
HDI
Währung
Unabhängigkeit
Lebenserwartung
Alphabetisierungsrate
HIV/AIDS (19-49 Jahre)
Addis Abeba
1.127.127 km² (26.)
82.544.840 (15.)
61 pro km²
252 US-Dollar (174.)
0,371 (170.)
Birr
12.12.1963
49 Jahre
43 %
4,4 %
Äthiopien
Veloabenteuer
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Wissenswertes
Die Äthiopier verwenden als einziges Land der Erde noch den alten Julianischen Kalender. Dieser hat 13 Monate (12 Monate mit 30 Tagen und 1 Monat mit 5 oder 6 Tagen) und läuft unserem Kalender 7 Jahre und 9 Monate hinterher. Das neue Jahr beginnt am 11. September und Weihnachten wird am 07. Januar gefeiert.
Um die Verwirrung komplett zu machen gebrauchen die Äthiopier auch noch eine andere Uhrzeit. Der Tag beginnt mit dem Sonnenaufgang mit der Stunde 0 (6 Uhr) und endet bei Sonnenuntergang um 12 Uhr (18 Uhr). Ein Beispiel: 9 Uhr Äthiopischer Zeit ist 15 Uhr unserer Zeit, jeweils 6 Stunden Differenz.
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Die Kaffeepflanze wurde im 9. Jahrhundert in der Äthiopischen Provinz Kaffa entdeckt.
Der Legende nach fiel dem abessinischen Hirten Kaldi auf, dass seine Ziegenherde, nachdem sie von einem Strauch mit weissen Blüten und roten Früchten gegessen hatte, bis tief in die Nacht wild herumsprangen. Als Kaldi die Früchte dann selber probierte, stellte er auch bei sich eine belebende Wirkung fest. Vermutet wird, dass Kaldi beim ersten Probieren der rohen Bohnen, diese angewidert ins Feuer spuckte, worauf sich Düfte entfalteten. So entstand die Idee des Röstens.
Bildergalerie
>>> Impressionen von Äthiopien <<<
Im Land der schönen Menschen, des guten Kaffees und der fliegenden Steine
Dass Äthiopien für uns Fahrradfahrer kein einfaches Reiseland ist, ja, das wussten wir schon vorher. Doch dass wir nach geschlagenen vier Wochen, die wir uns durch dieses Land der Hornregion kämpfen, nur noch den Sudan erreichen wollen...nein, das haben wir nicht erwartet.

Der Süden fängt ganz nett an. Im Grenzort Mojale werden wir am Heiligabend in einer Familie zum Mittagessen eingeladen mit anschliessender Kaffeezeremonie, was sehr schön war.
Äthiopien ist das Land des Kaffees. Hier wurde die Bohne entdeckt und vor einigen hundert Jahren nach Asien und Südamerika exportiert. In der Kaffeezeremonie wird die frische, grüne Bohne über dem offenen Feuer geröstet -ein herrlicher Duft- anschliessend im Mörser zerstossen und gemahlen, um dann superfrisch aufgebrüht zu werden. Voll lecker!
Ausserdem gibt es in jedem Örtchen mindestens eine Garküche mit diesen riesengrossen Kaffeemaschinen und wenn wir Glück haben, beginnt unser Tag nicht nur mit den ersten Sonnenstrahlen, sondern auch mit einem Macchiato ohne Zucker. Allerdings setzt das voraus, dass die Maschine bereits gereinigt wurde, denn das geschieht am Morgen, und jemand Milch besorgt hat- und das kommt eher selten vor. Denn erst wenn der erste Gast Milch bestellt, wir jemand losgeschickt, diese einzukaufen. Das ist afrikanische Logik oder Geschäftstüchtigkeit, die wir bis heute nicht verstehen.

In Äthiopien begegnet uns das Phänomen des "Ja`s" wenn "Nein" gemeint ist. Das sieht dann folgendermassen aus:
"Habt ihr Tee?" - Ja.
"Habt ihr Kaffee?" -Ja.
"Super, dann hätten wir gerne zwei Tee und zwei Kaffee mit Brot."
Die Konversation läuft auf Amharisch, weil wir wieder eines dieser praktischen Sprachbüchlein dabei haben. Also sollte die Bestellung klappen. Wenn sich jedoch nach zwanzig Minuten immer noch nichts regt und wir erneut nachfragen, bekommen wir auf dieselben Fragen ein "Nein" zur Antwort?! Da erinnere ich mich an einen psychologischen Ratgeber mit etwa folgendem Titel: Sage nicht "Ja", wenn du "Nein" meinst... und wir muffeln enttäuscht unser trockenes Brot und spülen es mit Wasser herunter.

Die Äthiopier sind ein, wie soll ich sagen? Sehr interessiertes Volk, das wenig Distanz kennt. Halten wir irgendwo an, haben wir gleich eine 60-100 köpfige Menschentraube um uns herum... aber das kennen wir ja schon. Dass die Kinder betteln... ja, das kennen wir auch schon. Dass die Kinder neben uns herlaufen, laut und unermüdlich "Ferenji" (=Fremder) und "You, you, you" schreien, unsere Wasserflaschen rausziehen und die Packtaschen festhalten... nein, das ist neu! Dass sie mit Stöcken auf unsere Speichen zielen und mit Steinen auf uns werfen... nein,das ist auch neu!
Die Landschaft in Äthiopien ist wunderschön und wir versuchen immer wieder, uns daran zu erfreuen, doch das Radfahren wird zum Strassenkampf.
Faustgrosse Steine sausen an unseren Köpfen vorbei, im Süden sind die Erwachsenen sehr beschämt über das Verhalten ihrer Kinder und sie entschuldigen sich etliche Male. Doch im Norden stehen sie daneben und gucken zu. Also laufen wir den Kindern hinterher, involvieren die Eltern und beschweren uns, dass es doch wohl ihre Aufgabe sei, die Kinder zurechtzuweisen.
Besonders übel ist es für uns, wenn wir an einer Schule vorbeiradeln, wenn gerade Schulschluss ist. Über 100 Kinder laufen schreiend neben uns her. Wir behalten die Stöcke im Blick, damit sie nicht in den Speichen landen, irgendwann wird es uns zu bunt, wir steigen ab und bitten ein paar Frauen um Hilfe... doch diese lachen nur, was die Kinder nochmehr anstichelt... aahhhh, eine Autoritätsperson muss her! Wo ist der Dorfälteste? Ich sage euch, dass ist Stress und Nerventerror vom Feinsten!!!

In der Hauptstadt Addis Abeba machen wir erstmal Pause. Übersetzt heisst sie "Neue Blume". Doch diese Blume müsste mittlerweile sehr welk aussehen, denn besser würde "Smogtown City" passen. Selbst in den frühen Morgenstunden hat die frische Luft keine Chance. Maren: "Hast du das gemerkt? Ein frischer Luftzug! Normalerweise versucht man hier ja das Einatmen so lange wie möglich aufzuschieben."
Wir treffen drei Rennradfahrer. "Ja,,ja, nach dem Training müssen wir immer mächtig husten. Die Luft ist nicht gut."

Wir wollen ein Päckchen nach Hause schicken. Auf der Post muss der Inhalt erst einmal geprüft werden. Die Beamten bekommen meine wunderschöne Muschelsammlung in die Hände. WAS ist denn DAS? Ja, Muscheln, die kommen aus dem Ozean. Ah sowas wie Schnecken? Also die müssen wir identifizieren. Immer wieder werden Leute herbeigerufen, schauen sich die Muscheln an, nein, diese Gebilde haben sie noch nie gesehen... bis der Oberboss die Muscheln identifiziert und wir sie verschicken dürfen.
Nach längeren Überlegungen rückt der erste Beamte mit seiner Frage heraus: "Kann man aus diesen Dingern diese wertvollen Steine herstellen? Hmm, wie heissen sie noch gleich? Hmm? Ah jetzt fällt`s mir ein! Kann mann aus diesen Dingern DIAMANTEN herstellen??? ...!!!

Nördlich von Addis Abeba beginnt das Äthiopische Hochland. In den nächsten Tagen schrauben wir uns bis auf 3.200 m hinauf, den höchsten Punkt unserer Reise. Wir haben das Gefühl wir würden eine Zeitreise zurück ins Mittelalter machen. Die Menschen hier oben scheinen eine gewisse Ressistenz gegen den Fortschritt zu haben. Die Revolution der Plastikkanister wird ignoriert und nach wie vor wird das Wasser in den schweren Tonkrügen auf dem Rücken nach Hause getragen. Viele Menschen laufen barfuss und auch die Erwachsenen betteln, doch erstaunlicherweise will keiner die Sandalen haben, die auf unserer Packtasche festgeschnallt sind. Auch die Kirche hält tüchtig die Hand auf, hat alle paar Kilometer Spendendosen aufgestellt und manchmal hockt ein greiser Geldeintreiber mit samtbespanntem Regenschirm daneben.
Es ist gerade Erntezeit und wir trauen unseren Augen kaum, als wir sehen, dass die Felder mit einer Sichel gemäht werden. Die Getreidehaufen werden auf dem Rücken nach Hause getragen und wir fragen uns, warum die Männer nicht die Esel und Ochsen mit dem Getreide beladen oder gar einen Karren benutzen, wie wir es schon im Süden gesehen haben.
Viele Kinder hüten Rinder, Ziegen und Schafe, was für eine tolle Abwechselung, wenn ein paar Radfahrer vorbeikommen. Die Kinder laufen neben uns her, betteln, schreien und werfen schliesslich Steine hinter uns her... das wird nun unserer Alltag!

Eine Nacht campen wir an einer orthodoxen Kirche. Von Samstag auf Sonntag, was für ein Fehler. Um 3:30 Uhr mitten in der Nacht wird unser Dornröschenschlaf unterbrochen, weil die Predigt beginnt und über Megafon in das Dorf geschrien wird. Oh Nein! Doch da wir mittlerweile schon so einiges gewöhnt sind, schlafen wir immer wieder ein, bis wir schliesslich aufgeben und frustriert die Sachen zusammenpacken. Ein paar junge Männer, die wir schon vom Vorabend kennen, kommen zu uns und erinnern uns etliche Male, dass wir nicht vergessen sollen, noch Geld in die Spendenbox zu werfen. Oh Mann, du Schlaumeier, wenn wir sagen wir werfen Kohle in die Box, dann machen wir es auch!
Als wir die Räder nach vorne schieben, kommen die Leute schnell mit der Spendenbox angelaufen und circa 20 Mann stehen drumherum, um zu sehen, welchen Betrag Alexander reinschmeisst. Der Schlitz ist so klein, dass Alexander den Geldschein öfters falten muss, um ihn dann hindurchzuquetschen. Normalerweise wird die Box nur mit Münzen gefüttert.
Unser Schlaumeier ruft entsetzt: "Du vergewaltigst Gott!!!" Alexander denkt sich -Na,das ist ja nicht so schön- bekreuzigt und verneigt sich vor der Kirche, wie die Gläubigen es hier tun. Doch er bleibt dabei:"Du vergewaltigst Gott. Nur 10 Birr hast du reingeworfen!!!"
Wir fallen vom Glauben ab! Was geht denn jetzt ab?! Bin ich im falschen FIlm? Wir fluchen (natürlich auf deutsch), packen unsere Räder und wollen rausfahren. Da hält er doch glatt die Pforte zu! Mittlerweile sind wir ziemlich geladen. Wir nehmen uns zusammen, Alexander tritt deutlich vor ihm auf und der Typ macht den Weg frei mit der Empfehlung:"Im Dorf steht noch eine Box, da schmeisst ihr dann nochmal 100 Birr rein!" (Das sind drei Übernachtungen im Gästehaus.)
Alter Schwede, die Kirche hat die Menschen ganz schön im Griff! Wenn der Ablasshandel noch irgendwo gelebt wird, dann hier in Äthiopien.

Dass wir in ganz Afrika schwerbewaffnetes Wachpersonal sehen, daran sind wir mittlerweile gewöhnt. Doch in Äthiopien laufen Männer mit Maschinengewehren in den entlegendsten Dörfern herum. Beim Frühstück plaudern wir mit einem Studenten, der dieses Rätsel löst: "Das sind Männer der Regierung. Das Volk wird eingeschüchtert. Man traut sich gegenseitig nicht mehr über den Weg." Ähnlich wie die Stasi zur DDR-Zeit. Dann flüstert er uns zu: "In der Uni finden wir uns schon in Gruppen zusammen und es ist eine Frage der Zeit, wann wir laut rebellieren werden." Jetzt verstehen wir auch, warum die Äthiopier ängstlich und abweisend reagieren, wenn wir abends im Dorf oder an einer Kirche zelten möchten. Waren die Afrikaner in den anderen Ländern immer um unsere Sicherheit besorgt, stellen wir in Äthiopien eine Gefahr für die Menschen dar. Das ist neu für uns und macht das Reisen nicht einfacher.

Was wir in Äthiopien super finden sind die frischgepressten Fruchtsäfte, die wir tüchtig schlürfen, wenn wir in den Städten sind, und das Injera, ein schwammiger, leicht säuerlich schmeckender Teigfladen, der aus Tef hergestellt wird (eine Getreidesorte die nur im Äthiopischen Hochland wächst und viel Eisen enthält). Der Fladen wird mit Linsensosse, Gemüse, Spaghetti oder Fleisch gegessen. Da die Speisekarte auf amharisch ist, was für uns unleserliche Schriftzeichen sind, bekommen wir selten den richtigen Preis gesagt, sondern zahlen grundsätzlich den Weisse-Hautfarben-Zuschlag. Also heisst es vor jeder Bestellung den Preis auszuhandeln. Ordern wir Rührei mit Injera, bekommen wir grundsätzlich Rührei mit Brot...weil es schon immer so war. Die Rechnung ist meist ebenfalls fehlerhaft, nur immer zugunsten des Restaurants... komisch!
Essen wir allerdings in den ganz einfachen Lehmhütten bei den "Mama´s, werden wir nicht über den Tisch gezogen und dann geben wir gerne ein Trinkgeld, weil wir dankbar sind für den Frieden... allerdings ist der Friede relativ, denn nicht selten füllt sich die Hütte mit 20-30 Leuten, die uns dann beim Essen beobachten und Bilder mit ihrem Fotohandy schiessen... zwei Ferenji auf dem Fahrrad, nein, das ist einfach zu spannend!

Wir radeln an einer Schule vorbei. Leider ist gerade Pause. Die Schüler entdecken uns, rennen in ein Wäldchen am Strassenrand und verschanzen sich hinter den Bäumen. Wir sehen, wie die ersten Kinder Steine aufheben. Da hilft nur eins: den Blick auf sie richten, den Zeigefinger ausstrecken und sie laufhals ermahnen. Doch irgendwann müssen wir wieder nach vorne schauen... und schon fliegen uns die Steine um die Ohren. Wir machen eine Vollbremsung, sind stinkesauer, Alexander rennt den Schülern hinterher, ein Busfahrer, der die Szene beobachtet hat, stoppt ebenfalls. Die Passanten steigen aus, greifen nach Steinen und werfen sie den Kindern hinterher... jetzt dürft ihr mal raten, von wem die Lütten das Steinewerfen haben... und folgen Alexander zur Schule.
Der Schulhof ist wie leergefegt, alle Kinder haben sich ängstlich in die Klassenräume verzogen. Der Direktor meint nur entschuldigend, dass er den Kindern auch schon erklärt hat, dass es nicht richtig sei, mit Steinen auf Menschen zu werfen. Aber es ist halt auch eine sehr ländliche Gegend. Naja, wir radeln seit neun Monaten durch entlegene Regionen und werden erst hier in Äthiopien mit Steinen beworfen! Alexander legt ihm noch ans Herz, die Schüler doch bitte besser zu erziehen... mehr können wir auch nicht tun.

Am nächsten Tag unterhalten wir uns mit Missionaren aus Amerika, die seit 17 Jahren hier leben und ein landwirtschaftliches Projekt leiten. "Am Anfang haben uns die Kinder mit Steinen beworfen und gebettelt. Wir haben ihnen erklärt, dass das nicht richtig sei... das haben die Kinder verstanden und jetzt grüssen sie freundlich... doch wir haben auch 10 Jahre! gebraucht, um das Vertrauen der Menschen hier zu gewinnen."

Auch wenn das Reisen in Äthiopien nicht einfach ist, so gibt es doch auch jeden Tag nette Begegnungen und wir erfreuen uns an einfachen Gesten wie ein lachender Gruss, wenn sich Menschen gerne fotografieren lassen und sich freuen, wenn wir ihnen anschliessend auf dem Monitor das Bild zeigen. Die Äthiopier sind ein superhübsches Volk und die Auswahl der Bilder für die Homepage fällt uns richtig schwer.

Als wir die Grenze zum Sudan erreichen holt Alexander die Ringe aus dem Portemonaie: "So, Baby, jetzt wird es heiss!"
Und damit soll er recht behalten!
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